Insolvenzverfahren über das Vermögen der deutsch/niederländischen Immobiliengesellschaft endet mit 100 %-Quote für die Insolvenzgläubiger; Nachranggläubiger erhalten 10 %
Das Geschäftsmodell der 2012 gegründeten Unternehmensgruppe “AWE Autowelt Emsbüren” war von Anfang an die Veranstaltung von Automärkten, auf denen B2B-Händler aus Deutschland und den Niederlanden mit großen Mengen gebrauchter Autos handelten. Das Konzept war innovativ und in der angestrebten Größenordnung so in Deutschland wohl komplett neu. Es verfolgte den Plattformgedanken, mit dem zahlreiche Unternehmen offline und online so große Erfolge erzielen: Geld sollte nicht mit dem Autohandel selbst, sondern mit der Bereitstellung eines Marktplatzes für den Autohandel verdient werden. Denn an jedem durch einen Händler verkauften Auto wurde über eine feste Gebühr mitverdient. Auch die verkehrsgünstige Lage an der A31 und am Autobahnkreuz zur A30, die unmittelbare Nähe zu den Niederlanden und schließlich die konsequente internationale Ausrichtung des Unternehmens versprachen gute Geschäfte. Entsprechend groß wurde das über 3 Hektar große Grundstück im Gewerbepark Süd kurz vor dem Autobahnkreuz Schüttorf im Jahr 2012 erworben und mit einer ebenso großen Halle nebst Verwaltungsgebäude bebaut. Zur Autobahn hin wurde es mit einer riesigen Rampe als markante Ausstellungsfläche für Fahrzeuge bebaut.
Betriebsimmobilie war bei Insolvenzeröffnung schon nicht mehr vorhanden
In der geplanten Größenordnung kam das Geschäft aber offenbar nie richtig in Gang und für die Zahl der tatsächlich gehandelten Autos wirkte die ganze Immobilie überdimensioniert. Die Konsequenz: Bereits nach 4 Jahren musste die Immobiliengesellschaft AWE Autowelt Emsbüren Besitz-GmbH & Co. KG bei dem Amtsgericht Lingen (18 IN 37/16) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen. Bei der Gesellschaft handelt es sich um die Immobilieneigentümerin, die die gesamte Gewerbefläche an die operativ tätige – und nicht insolvente – Schwestergesellschaft AWE Autowelt Emsbüren GmbH & Co. KG verpachtet hatte. Die Immobilieneigentümerin hatte das Betriebsgelände mit Kreditmitteln einer niederländischen Gesellschaft erworben und bebaut. Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung war die Immobilie bereits im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens verwertet worden, so dass die Immobiliengesellschaft ihren eigentlichen Geschäftszweck gar nicht mehr wahrnehmen konnte: ohne Immobile konnten keine Pachteinnahmen erzielt werden.
Ausgangslage für Insolvenzgläubiger war zunächst dürftig
Die Ausgangslage für die Insolvenzgläubiger war also zunächst dürftig, weil sie sich nur wenig Hoffnung auf eine Zahlung machen konnten. Wesentliche Vermögenswerte waren ja gar nicht mehr vorhanden und Einnahmen wurden nicht mehr erzielt.
Insolvenzverfahren mit erheblicher Auslandsberührung in die Niederlande
Das Insolvenzverfahren wurde im September 2016 durch das Insolvenzgericht in Lingen eröffnet und Rechtsanwalt Florian Dälken als Insolvenzverwalter bestellt. Seitdem gelang es, durch die konsequente Verfolgung von Insolvenzanfechtungsansprüchen eine erhebliche Anreicherung der Insolvenzmasse zu erreichen. Solche Ansprüche bestanden nach Einschätzung der Insolvenzverwaltung insbesondere gegen eine niederländischen Geschäftspartnerin der Insolvenzschuldnerin in der Rechtsform einer B.V. (Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid).
Sicherung von Anfechtungsansprüchen durch dinglichen Arrest und Quote von 100% für die Gläubiger
In einem gerichtlichen Eilverfahren über zwei Instanzen gelang es, die erkannten Anfechtungsansprüche durch einen dinglichen Arrest, der in die ehemalige Immobilie der Insolvenzschuldnerin ausgebracht wurde, für die Insolvenzmasse abzusichern. Die so gesicherten Insolvenzanfechtungsansprüche wurden sodann in gerichtlichen Verfahren mit erheblicher Auslandsberührung in die Niederlande geltend gemacht. Schließlich gelang es, nach intensiven Verhandlungen mit der betroffenen Anfechtungsgegnerin eine Kompromisslösung zugunsten der Insolvenzgläubiger zu finden: Es wurde ein ausreichender Betrag in die Insolvenzmasse gezahlt, um alle Gläubiger – sogar wegen ihrer Zinsforderungen – voll auszahlen zu können. Derartige Insolvenzquoten von 100 % sind in Insolvenzverfahren extrem selten und sind für alle Verfahrensbeteiligten ein toller Erfolg. Auch für die neue Immobilieneigentümerin hatte die Vergleichslösung Vorteile: Die Blockade der ehemaligen Betriebsimmobilie war vom Tisch, weil der dinglich Arrest im Grundbuch wieder gelöscht werden konnte.
Die Verteilung der Gelder aus der Insolvenzmasse an die Gläubiger hat bereits stattgefunden und das Verfahren wurde aufgehoben. In diesen Tagen wurde noch eine Nachtragsverteilung vorgenommen. Damit steht nun fest, dass die Insolvenzgläubiger eine Quote von 100 % und die Nachranggläubiger eine Quote von rund 10 % erhalten haben.
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