Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Aufgrund der derzeitigen CORONA-Krise scheitern viele Geschäftsmodelle. Gerät das Unternehmen auf diese Weise in eine Liquiditätskrise oder kommt es sogar zur Erfüllung von Insolvenzgründen, dann schlagen diese Schwierigkeiten häufig auch unmittelbar und ungebremst auf den hinter dem Unternehmen stehenden Unternehmer durch. Es geht dann häufig darum, das eigene aufgebaute Vermögen zu schützen und die private Existenz des Unternehmers abzusichern.
Viele Unternehmer, die in der Vergangenheit in der privaten Krankenversicherung versichert waren wünschen – insbesondere auch mit zunehmendem Alter – eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung. Dabei geben sich häufig folgende Sachverhalte:
1) Häufige Sachverhalte
Unternehmer, die seit vielen Jahren privat krankenversichert sind, oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdienen und selbständig tätig sind, wünschen mit zunehmendem Alter häufig die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung.
2) Rechtliche Grundlagen
Seit dem 01.01.2009 gilt in Deutschland für alle eine Krankenversicherungspflicht entweder in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Krankenversicherer. Arbeitnehmer, die im Jahr weniger als 62.550 Euro brutto verdienen (Stand: 2020), müssen in eine gesetzliche Krankenkasse. Diese Gehaltsgrenze steigt jedes Jahr. Bei einem höheren Verdienst müssen Sie sich freiwillig gesetzlich versichern oder in die private Krankenversicherung. Letzteres gilt etwa für Selbstständige und Beamte.
Ist die Entscheidung für die private Krankenversicherung (PKV) gefallen, dann ist es schwierig, danach wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eintreten zu können. Der Gesetzgeber sieht dafür enge Voraussetzungen vor. Sich in jungem Alter und mit gutem Gesundheitszustand preisgünstig bei einem privaten Anbieter zu versichern und in höherem Alter zu einer gesetzlichen Krankenkasse zurückzukehren, die sogenannte „Rosinenpickerei“ zwischen den Systemen, ist politisch nicht gewollt und daher nur in Ausnahmefällen möglich. Ab dem 55. Lebensjahr ist eine Rückkehr in die GKV fast nicht mehr möglich.
3) Möglichkeiten der Rückkehr in die GKV vor dem 55. Lebensjahr
Bei Selbstständigen gestaltet sich der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung schwierig. Folgende Möglichkeiten kommen in Betracht:
a. Wechsel in ein Angestelltenverhältnis
Der rechtlich einfachste Weg zurück in die GKV ist der Wechsel in ein Angestelltenverhältnis. Dabei muss der Verdient über 450,00 Euro monatlich, aber unterhalb der Entgeltgrenze von 62.550 Euro (Stand 2020) im Jahr liegen.
Die selbstständige Tätigkeit muss dafür nicht aufgegeben werden, sondern kann im Nebenberuf weiter ausgeübt werden. Die abhängige Beschäftigung muss allerdings der Hauptberuf sein. Das bedeutet: sie muss den Hauptteil der Einnahmen und der Arbeitszeit ausmachen.
Als Anhaltspunkte gelten eine Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche und ein Bruttoeinkommen von mehr als der halben Bezugsgröße für die Sozialversicherung, derzeit 1.592,50 Euro in den alten und 1.505 Euro in den neuen Bundesländern (Stand: 2020). Die Krankenkassen prüfen, ob eine echte abhängige Beschäftigung vorliegt: Es reicht also nicht aus, sich nur zum Schein bei Verwandten anstellen zu lassen.
b. Geschäftsaufgabe und Familienversicherung
Wenn der Ehepartner gesetzlich versichert ist, gibt es eine weitere Möglichkeit, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren. Selbstständige können dann ihre Selbständigkeit aufgeben, um beitragsfrei in die Familienversicherung ihres Ehepartners aufgenommen zu werden.
Die kostenlose Familienversicherung ist dabei jedoch an bestimmte Auflagen geknüpft: Das Einkommen des familienversicherten Ehegatten darf bestimmte Grenzen nicht überschreiten: es ist lediglich ein Verdienst von 538,33 Euro im Monat (Stand: 2020) oder ein Minijob erlaubt – mit einem Einkommen von dann höchstens 450 Euro im Monat.
Wer über die Familienversicherung in eine gesetzliche Krankenkasse wechselt, wird automatisch auch Mitglied in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt es allerdings erst nach einer Vorversicherungszeit von zwei Jahren. Seit Januar 2019 wird bei einem nahtlosen Übergang zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung auch die Vorversicherungszeit in der privaten Pflegepflichtversicherung angerechnet (§ 33 Abs. 3 SGB XI). So sind die meisten Versicherten durchgehend abgesichert, falls sie pflegebedürftig werden.
c. Arbeitslosigkeit
Eine dritte Möglichkeit zur Rückkehr in die GKV besteht darin, die Selbständigkeit aufzugeben und sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Allerdings setzt dieser Weg voraus, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, was bei den meisten Selbständigen nicht der Fall ist. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von 2011 (Az. B 12 KR 9/09 R) wirkt die Befreiung nämlich nur so lange, wie die Beschäftigung ausgeübt wird, für die jemand sich befreien lassen hat. Erst wenn die Krankenversicherungspflicht wegen eines anderen Grundes wieder eintritt, ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung möglich. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein befreiter Versicherter für mindestens einen Monat arbeitslos wird. Man kann danach auch in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben, wenn das Einkommen wieder über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt.
d. Versicherung im europäischen Ausland
Eine letzte Option besteht darin, in einem anderen europäischen Land in die dortige Pflichtversicherung einzutreten. Länder mit einer entsprechenden Krankenversicherungspflicht sind unter anderem die Niederlande, Schweden oder die Schweiz.
Voraussetzung ist jedoch, dass ein Wohnsitz in dem entsprechenden Land begründet wird oder eine versicherungspflichtige Tätigkeit dort ausgeübt wird. Die Versicherung in der ausländischen Pflichtversicherung muss mindestens 12 Monate bestehen und die private Krankenversicherung muss rechtzeitig gekündigt werden. Frühestens drei Monate nach der Heimkehr nach Deutschland kann in die GKV gewechselt werden.
4) Rückkehrmöglichkeiten in die GKV ab dem 55. Lebensjahr
Ab dem 55. Lebensjahr besteht kaum noch eine Möglichkeit, in die GKV zu wechseln. Lediglich über die Familienversicherung ist eine Rückkehr in die GKV dann noch möglich. Dies setzt allerdings – wie oben bereits beschrieben – voraus, dass das Einkommen 538,33 Euro monatlich (Stand: 2020) nicht übersteigt, bei Minijobbern liegt die Grenze bei 450,00 Euro.
5) Fazit
Die Möglichkeiten, aus einer PKV in die GKV zurückzukehren sind äußerst begrenzt und faktisch meistens auf den Wechsel in ein Angestelltenverhältnis beschränkt. Diese Lösung steht allerdings nur denjenigen Wechslern offen, die noch keine 55 Jahre alt sind. Ab diesem Lebensjahr kann allenfalls eine Rückkehr über die Familienversicherung erfolgen und dies auch nur unter engen Voraussetzungen.
Gerne beraten wir Unternehmer, Selbständige und Freiberufler zu allen Fragen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts persönlich. Sprechen Sie uns an!
>Frau Rechtsanwältin Dr. Kerstin Dälken, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Sozialrecht