Die Insolvenzanfechtung ist ein wichtiger Mechanismus im Insolvenzverfahren, der dazu dient, die Gleichbehandlung aller Gläubiger zu gewährleisten. Sie ermöglicht es dem Insolvenzverwalter, bestimmte Vermögensverschiebungen, die der Schuldner bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, anzufechten und von den entsprechenden Gläubigern zurückzufordern. Dies kann sowohl Geldzahlungen als auch Vermögensgegenstände wie Immobilien, Grundstücke und sogar Verträge betreffen.
Die Ziele der Insolvenzanfechtung sind die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Verhinderung von Handlungen, die die Insolvenzmasse verkleinern. Dadurch soll sichergestellt werden, dass bestimmte Insolvenzgläubiger keine Vorteile erlangen, die zur Benachteiligung anderer Gläubiger beitragen könnten.
Die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung sind die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das Vorliegen einer Rechtshandlung vor der Verfahrenseröffnung, die eine Gläubigerbenachteiligung zur Folge hat, und das Vorliegen eines oder mehrerer Anfechtungsgründe.
Es gibt verschiedene Anfechtungsgründe, unter denen der Insolvenzverwalter die getätigten Vermögensverschiebungen im Rahmen einer Insolvenzanfechtung zurückfordern kann. Dazu gehören die kongruente Deckung nach § 130 InsO, die inkongruente Deckung nach § 131 InsO, unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen nach § 132 InsO, vorsätzliche Benachteiligung nach § 133 InsO, unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO, Gesellschafterdarlehen nach § 135 InsO und stille Gesellschaft nach § 136 InsO.
Eine Möglichkeit, sich vor einer Insolvenzanfechtung zu schützen, bieten die Bargeschäfte nach § 142 InsO. Diese können in der Regel nicht angefochten werden, es sei denn, die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO liegen vor, der Schuldner handelt unlauter und der Empfänger erkennt dies. Ein Bargeschäft liegt vor, wenn eine das Vermögen nicht wirtschaftlich vermindernde Leistung des Schuldners zeitnah durch eine gleichwertige Gegenleistung ausgeglichen wird. Entscheidend ist hier die Zeitspanne zwischen den Leistungserbringungen, die je nach Art des Geschäfts variieren kann, 30 Tage allerdings nicht überschreiten sollte.
Zu den einzelnen Anfechtungsgründen sowie zum Bargeschäftseinwand überblickartig wie folgt:
§ 130 InsO – Kongruente Deckung
Eine Rechtshandlung kann angefochten werden, wenn der Gläubiger Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte und die Handlung innerhalb von drei Monaten vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wurde. Bei nahestehenden Personen wird angenommen, dass sie von der Zahlungsunfähigkeit wussten.
§ 131 InsO – Inkongruente Deckung
Eine Inkongruenz liegt vor, wenn der Gläubiger eine Leistung erhält, die ihm nicht zusteht, nicht in der Art oder nicht zu diesem Zeitpunkt. Beispiele sind die Zahlung einer verjährten Forderung oder die Leistung eines gleichwertigen Gegenstandes anstelle einer Geldzahlung. Zwangsvollstreckungen, nicht fällige Zahlungen und Zahlungen unter Druck an institutionelle Gläubiger sowie an vollstreckende Privatpersonen sind ebenfalls betroffen.
§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen
Eine Rechtshandlung kann angefochten werden, wenn sie in den drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag des Insolvenzverfahrens oder danach durchgeführt wurde, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war und dies bekannt war, und eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vorliegt.
§ 133 InsO – Vorsätzliche Benachteiligung
Eine Rechtshandlung ist anfechtbar, wenn der Schuldner sie in den zehn Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach durchgeführt hat, der Vorsatz einer Benachteiligung der Gläubiger vorlag und der bevorteilte Schuldner davon wusste.
§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung
Eine unentgeltliche Leistung eines Schuldners ist anfechtbar, wenn sie in den letzten vier Jahren vor Einleitung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wurde. Gelegenheitsgeschenke mit geringem Wert sind hiervon ausgeschlossen.
§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen
Sicherheiten, die für ein Gesellschafterdarlehen gestellt wurden, können bis zu einem Zeitraum von 10 Jahren vor Einreichung des Insolvenzantrags angefochten werden; Darlehensrückzahlungen an Gesellschafter bis zu einem Zeitraum von einem Jahr.
§ 136 InsO – Stille Gesellschaft
Eine Rechtshandlung, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt wird, ist anfechtbar, wenn eine Vereinbarung über die Rückgewähr im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getroffen wurde.
§ 142 InsO – Bargeschäftsprivileg
Ein Bargeschäft liegt vor, wenn eine das Vermögen nicht wirtschaftlich vermindernde Leistung des Schuldners zeitnah durch eine gleichwertige Gegenleistung ausgeglichen wird. Das Bargeschäft ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO vorliegen, der Schuldner unlauter handelt und der Empfänger dies erkennt.
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