Das Sozialgericht Darmstadt hat in einer wichtigen Entscheidung zur Frage der Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern entschieden, dass für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht bei einem GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, der eine Sperrminorität erhält, nicht erst auf den Zeitpunkt der Eintragung der geänderten Satzung mit Sperrminorität in das Handelsregister abzustellen ist, sondern bereits auf den Zeitpunkt der Änderung des Gesellschaftervertrages.

Hier die Details der Entscheidung:

Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 20.01.2025 – S 13 BA 14/22

Zum Leitsatz wie folgt:

Für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers ist nicht der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister maßgeblich, sondern der Zeitpunkt der Änderung des Gesellschaftsvertrags.

Zum Sachverhalt wie folgt:

Die Klägerin, eine Gesellschaft in der Rechtform einer GmbH beschäftigt sich mit nachhaltigen Dämmstoffen und wurde von der Rentenversicherungsträgerin DRV nach einer Betriebsprüfung zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 16.721,48 € aufgefordert. Die Gesellschafter erhielten zwar ein umfassendes Vetorecht (sog. Sperrminorität) in der Gesellschafterversammlung und zwar durch Änderung der Satzung am 27.01.2020, diese Änderung der Satzung wurde aber erst am 25.06.2020 beim Handelsregister eingetragen. Die streitige Frage des Falles war, ob die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum zwischen der Änderung des Gesellschaftsvertrags (27.01.2020) und der Eintragung im Handelsregister (25.06.2020) sozialversicherungspflichtig waren.

Denn am 27.01.2020 wurde den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern ein umfassendes Vetorecht eingeräumt, das ihnen eine Sperrminorität sicherte. Demnach kam eigentlich keine abhängige Beschäftigung mehr in Betracht. Die Rentenversicherungsträgerin aber argumentierte, dass die Änderungen erst mit der Eintragung ins Handelsregister wirksam wurden, weshalb bis dahin eine abhängige Beschäftigung – mit entsprechender Sozialversicherungspflicht – bestanden habe.

Zur Entscheidung des Sozialgerichts wie folgt:

Das Gericht gab der Klägerin Recht und hob den Bescheid der Rentenversicherungsträgerin auf. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Änderung des Gesellschaftsvertrags und nicht die spätere Eintragung ins Handelsregister. Die Eintragung diene lediglich der Publizität im Außenverhältnis, während für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung das Innenverhältnis entscheidend sei. Durch das bereits am 27.01.2020 bestehende Vetorecht hatten die Geschäftsführer eine maßgebliche Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft, so dass keine abhängige Beschäftigung vorlag.

Fazit und Bedeutung der Entscheidung für die Praxis: 

Die Entscheidung des Gerichts ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Grundsätzlich können GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, die – etwa im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren – Probleme mit der Annahme einer abhängigen Beschäftigung durch die Deutsche Rentenversicherung haben, durch bloße Änderung der Stimmrechtsklauseln in der Satzung der Gesellschaft dafür sorgen, dass sie selbst eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung haben und deshalb regelmäßig nicht mehr nach § 7 SGB IV als abhängig beschäftigt betrachtet werden können.

Nur eben gab es in der Vergangenheit in solchen Konstellationen oft das Problem, dass diese Änderungen der Satzungen durch die Gesellschaft dann nicht (sofort) zum Handelsregister eingereicht worden sind. Nach unseren Beobachtungen argumentiert die Deutsche Rentenversicherung in solchen Fällen dann mitunter damit, dass derartige Dokumente mit geänderten Stimmrechtsklauseln ja auch rückwirkend erstellt worden sein können, nur um sozialversicherungsrechtliche Probleme – rückwirkend – vermeiden zu können; deshalb stellt man dort eigentlich immer erst auf den Tag der Einreichung der geänderten Satzung (mit Sperrminorität) zum Handelsregister ab. Das ist aber – jedenfalls nach Auffassung des entscheidenden Sozialgerichts – nun nicht mehr möglich. Vielmehr reicht zukünftig die Änderung der Satzung aus und diese Änderung bildet dann den maßgeblichen Zeitpunkt für die Annahme einer Sperrminorität, nicht erst die Einreichung dieser geänderten Satzung beim Handelsregister.

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